
Interview mit Anouchka Hack,
Violoncello
Stipendiatin 2018
Die Mozart Gesellschaft Dortmund verfolgt deinen musikalischen Werdegang seit über 14 Jahren. 2011, mit 15 Jahren, habe ich dich erstmals als Solistin mit dem Instrumentalverein im Orchesterzentrum erlebt – dein Spiel und deine Bühnenpräsenz haben mich sofort begeistert. Seitdem habe ich deine Entwicklung als Cellistin verfolgt: Von 2014 bis 2018 hast du bei Troels Svane in Lübeck studiert und mit 22 Jahren wurdest du in unser Förderprogramm aufgenommen. Was bedeutete diese Auswahl damals für dich?
Als Stipendiatin der Mozart Gesellschaft ausgewählt zu werden, war für mich eine Mischung aus Anerkennung und Förderung: Die Auswahl selbst war schon eine Auszeichnung und es folgten viele außergewöhnliche Engagements und Chancen, an denen ich als Musikerin sehr gewachsen bin.
Im Rahmen deines Solistendiploms an der Kronberg Academy hast du 2024 Haydn Cellokonzert C-Dur mit dem Württembergischen Kammerorchester gespielt. Herzlichen Glückwunsch zu diesem grandiosen Konzert! Mit Haydn D-Dur hast du 2020 im Rahmen unserer Abonnentenreihe mit den Zagreb Soloists im Konzerthaus Dortmund begeistert. Welche besonderen Erinnerungen verbindest du mit diesem Auftritt?
Der Rahmen war so, wie man es sich im Idealfall wünscht: Einer der besten Konzertsäle Europas, ein renommiertes Kammerorchester, mit dem schon viele meiner musikalischen Idole aufgetreten sind, und eines der schönsten – und schwersten – Cellokonzerte. Das mit Leben füllen zu dürfen, in so einem perfekten Rahmen ganz frei Musik zu machen, das ist auf vielen Ebenen unvergesslich. Natürlich ist es für mich als Dortmunderin dazu besonders schön, in meiner Heimatstadt einen so glanzvollen Auftritt zu haben, und die Unterstützung meiner Familie und FreundInnen im Publikum zu spüren. Das Konzerthaus war übrigens auch der Ort, an dem ich als 16-Jährige mein solistisches Debüt gegeben habe – damals zusammen mit den Dortmunder Philharmonikern. Ich fühle mich auf dieser Bühne sehr zuhause.
Du kommst aus einer Dortmunder Musikerfamilie. War der Auftritt im Konzerthaus Dortmund für dich mit besonderem Druck verbunden?
Was ich an Dortmund besonders schätze, ist die Herzlichkeit und Unterstützung, die mir dort seit Jahren entgegengebracht wird – sei es vom Publikum, von Menschen, die mich kennen, oder von denen, die unsere Familie begleiten. Diese wohlwollende Atmosphäre war für mich eine Unterstützung, wie man sie in anderen Städten oft nicht in dieser Intensität spürt.
ES WAR FÜR MICH ETWAS GANZ BESONDERES,
IN EINEM DER BESTEN KONZERTSÄLE EUROPAS
ALS SOLISTIN MIT EINEM SO TRADITIONSREICHEN
KLANGKÖRPER SPIELEN ZU DÜRFEN.
Anouchka Hack
2021 haben wir im Rahmen unserer Kooperation mit der Wilo-Foundation den Wilo Pioneer Cube als Konzertsaal eingeweiht – mit dir und deiner Schwester Katharina Hack. Unser jährliches Soirée-Konzert dort hat sich mittlerweile zu einer Tradition ent-wickelt. Welche Erinnerung hast du an diesen besonderen Auftritt?
Es ist für mich ein aufregender Prozess, wenn neue Räume als Konzertort, als Ort der musikalischen Begegnung erschlossen werden. Vor allem Räume, die normalerweise anders genutzt werden, bringen ja oft eine für ein Konzert untypische Ausstrahlung oder auch Ausstattung mit – und verwandeln sich dann mit der Musik. Ich habe den Raum als sehr offen und hell empfunden – mit viel Glas und einer besonders herzlichen Ausstrahlung des Teams von Wilo. Für uns war es eine Freude, diesen Ort erstmals mit Musik zu füllen und zu entdecken!
DIESE ERFAHRUNGEN WAREN FÜR
MEINE KÜNSTLERISCHE ENTWICKLUNG
VON UNSCHÄTZBAREM WERT.
Anouchka Hack
Die Mozart Gesellschaft Dortmund unterstützte finanziell deine Debüt-CD mit Werken von Schostakowitsch, die du mit deiner Schwester bei GENUIN classics veröffentlicht hast. Dieses Album war ein wichtiger Meilenstein eurer Laufbahn. Erzähl uns mehr darüber!
Der Erscheinungstermin fiel unerwartet in die Corona-Zeit – für uns ein Glück im Unglück. Während Konzertsäle geschlossen blieben, erhielt unsere CD große Aufmerksamkeit: Sie wurde auf fast allen wichtigen Radiosendern, wie NDR, SWR und ORF, gespielt und wir wurden zu zahlreichen Interviews eingeladen. Das positive Medienecho half uns, in dieser schwierigen Zeit präsent zu bleiben. Wir sind der Mozart Gesellschaft Dortmund nach wir vor sehr dankbar, dass sie uns das CD-Projekt mit ermöglicht hat. Auf der CD haben wir neben Sonaten von Dmitri Schostakowitsch auch eine Zugabe mit meinem Mentor Gautier Capuçon aufgenommen, in dessen Exzellenzklasse ich 2017/18 studiert habe. Unsere zweite CD „Alle Menschen werden Schwestern“ haben Katharina und ich dann im Herbst 2024 in Kooperation mit dem Deutschlandfunk beim Label Berlin Classics veröffentlicht.
Was war für dich besonders wertvoll an der Förderung durch die Mozart Gesellschaft Dortmund?
Vor allem die zahlreichen Konzertauftritte, zu denen ich eingeladen wurde, wie zum Beispiel das Konzert mit der Sinfonia Rotterdam, mit der ich Tschaikowsky Rokoko-Variationen spielen durfte. Dank der großartigen Konzertvermittlung konnte ich wichtige Bühnenerfahrungen sammeln. Es gibt zum einen Dinge, die man nur auf der Bühne lernen kann, um als Künstlerin zu wachsen, und zum anderen braucht es für die Entwicklung der Karriere auch im freien Markt diese Plattform, um strahlen zu können, mit renommierten Klangkörpern aufzutreten und in diesem Rahmen wahrgenommen zu werden. NachwuchsmusikerInnen brauchen Förderer, die ihr Talent und ihre künstlerische Persönlichkeit erkennen und ihnen eine große Bühne bieten.
ALS DORTMUNDERIN WAR ES FÜR MICH
EINE GROSSE EHRE UND ANERKENNUNG,
IN DIESES TRADITIONSREICHE FÖRDERPROGRAMM
AUFGENOMMEN ZU WERDEN.
Anouchka Hack
Im Rahmen unserer Abonnementreihe wirst du anlässlich unseres 70-jährigen Jubiläums zu erleben sein. Gemeinsam mit deiner Schwester Katharina am Klavier und unserer aktuellen Stipendiatin Claire Wells an der Violine wirst du im Februar 2026 Beethovens Tripelkonzert mit dem Staatsorchester Rheinische Philharmonie aufführen. Was bedeutet dir dieser Auftritt?
Claire und Katharina sind zwei der Menschen, die mir sowohl musikalisch als auch persönlich am nächsten stehen – eine meiner engsten Freundinnen und meine Schwester und Duopartnerin. Mit den beiden das Tripelkonzert im Konzerthaus Dortmund im Rahmen des 70-jährigen Jubiläums zu spielen, ist für mich ein großes Geschenk. Ich liebe diese Musik – sie steckt voller Lebens- und Spielfreude, Humor und hinreißend schönen Melodien. Das Zusammenspiel der drei Instrumente gleicht einem musikalischen Trialog, in dem sich die Instrumente gegenseitig herausfordern, übertrumpfen, zusammen singen. Ich freue mich riesig darauf, das wird ein Fest!
Das sehen wir genauso und freuen uns daher auch schon sehr auf das Tripelkonzert mit euch! Wir sind sicher, dass diese Künstlerauswahl eine perfekte Entscheidung war!
Das Interview führte Karen Ann Bode.

Interview mit Aurel Dawidiuk,
Dirigent, Pianist, Organist
Stipendiat 2018
Du bist ein außergewöhnlich vielseitiger Musiker – schon damals hat mich deine Bandbreite fasziniert: Orgel, Klavier, Orchesterleitung. Es schien, als hättest du keinen klaren Schwerpunkt. Wie kommt es, dass du dich nicht auf ein einziges Gebiet festgelegt hast?
Diese Frage wird oft gestellt, aber für mich stellte sie sich nie – es war einfach immer so. Viel und intensiv. Ich musste nie bewusst etwas aufgeben, um anderes zu tun. Erst jetzt, mit meinen zahlreichen Engagements als Dirigent und meiner Rolle als Associate Conductor des Royal Concertgebouw Orchestra, hat sich das geändert. Die Verantwortung, Vorbereitung und Zeitdimension sind eine andere. Doch anfangs, mit Orgel und Klavier, war der Aufwand gleich und beides hat mir Freude bereitet. Rückblickend sehe ich das Klavier- und Orgelspiel als ideale Vorbereitung für das Dirigieren.
Während deines Studiums hattest du immer schon viele Konzertengagements? Was hat dazu geführt, dass du bereits als Student so gefragt warst?
Das war immer wegen der Wettbewerbserfolge, die häufig Konzertvermittlungen mit sich gebracht haben und auch durch Förderung von Stiftungen. Die Mozart Gesellschaft Dortmund war eine der ersten Institutionen, die mich gefördert hat. Mit der Sinfonietta Köln habe ich nicht nur im Konzerthaus Dortmund im Rahmen eurer Abonnentenreihe konzertiert, sondern konnte noch drei weitere Konzerte im Rahmen einer Tournee spielen. Und natürlich hilft das, um bekannter zu werden. Ich bin sehr dankbar für die frühe Förderung durch die Mozart Gesellschaft Dortmund noch vor meinem ersten großen Wettbewerbserfolg, dem TONALi 2019.
Hast du jemals einen Wettbewerb nicht gewonnen?
Ich habe einen einzigen Wettbewerb für Orgel in Toulouse nicht gewonnen und ansonsten tatsächlich jeden Wettbewerb gewonnen.
Ein besonderer Moment in deinem Studium war deine Entscheidung im Jahr 2020, dich für einen Studienplatz in „Orchesterleitung“ in der renommierten Dirigentenklasse von Johannes Schlaefli in Zürich zu bewerben.
Ja, das war eine der prägendsten Entscheidungen meines musikalischen Lebens! Die Plätze in seiner Klasse sind extrem begehrt und er nimmt meist nur Studierende mit umfassender Dirigiererfahrung auf. Ich habe es mit 20 Jahren als Bachelorstudent gewagt – und die Aufnahme in seine Klasse hat meinen Werdegang maßgeblich beeinflusst. Sie war der entscheidende Schritt auf meinem Weg zum Dirigenten.
DIE MOZART GESELLSCHAFT DORTMUND
WAR EINE DER ERSTEN INSTITUTIONEN,
DIE MICH GEFÖRDERT HAT
UND ICH BIN SEHR DANKBAR
FÜR DIESE FRÜHE FÖRDERUNG.
Aurel Dawidiuk
In welchen Fächern hast du eigentlich Studienabschlüsse?
2023 habe ich meinen Bachelor in Orgel in Basel sowie in Klavier und Orchesterleitung in Zürich parallel abgeschlossen. Auch meinen Master plane ich in allen drei Fächern an denselben Hochschulen abzuschließen. Ich hatte das Glück, dass das Leben in der Schweiz während der Corona-Zeit nicht komplett stillstand – Studium und Konzerte konnten weiterlaufen. So konnte ich mein Studium auch in dieser Zeit intensiv fortsetzen. Zudem waren die Hochschulen in Basel und Zürich äußerst flexibel und unterstützend, gerade in Bezug auf meine Konzertengagements, die oft dazu führten, dass ich zeitweise nicht vor Ort war.
Herzlichen Glückwunsch zur Ernennung als Associate Conductor des Royal Concertgebouw Orchestra zur Saison 2024/2025! Wie lief das Auswahlverfahren für diese Position ab?
Vier Nachwuchsdirigenten wurden ausgewählt und im Februar 2024 zu einem Probedirigat eingeladen. Auch Klaus Mäkelä war anwesend. Zu meiner großen Freude konnte ich das Probedirigat für mich entscheiden. Die Orchestermitglieder bestimmen normalerweise nach zwei Tagen, wen sie als Dirigenten wünschen – und natürlich bin ich total glücklich, dass ihre Wahl nach nur zwei Stunden auf mich fiel. Bereits in dieser Saison 2024/2025 werde ich an verschiedenen Konzertprogrammen beteiligt sein und als Assistent führender Dirigenten wie Chailly und Pappano sowohl in Amsterdam als auch auf Tourneen arbeiten. Vergangenen November hatte ich das große Vergnügen, mit Klaus Mäkelä und dem Orchester auf Amerika-Tournee dabei zu sein. Einen besseren Start als Dirigent kann man sich wirklich nicht wünschen – ein absoluter Traum! Im Mai 2025 steht mein erstes Projekt als Dirigent mit dem Orchester im Concertgebouw Amsterdam an – ein kammermusikalisches Konzert mit einer kleineren Fassung von Mahlers 5. Sinfonie. Der ganz große Moment am Pult des Royal Concertgebouw Orchestra erwartet mich dann im April 2026.
EINEN BESSEREN START ALS DIRIGENTEN
KANN MAN SICH WIRKLICH NICHT WÜNSCHEN
Aurel Dawidiuk
Heißt das, durch deine neue Position am Royal Concertgebouw Amsterdam ist es nicht mehr möglich, Konzerte als Pianist und Organist zu geben?
Ich suche mir besondere Bonbons aus (lacht). Für das nächste Jahr stehen bereits vier Orgelkonzerte an – in großartigen Spielstätten wie dem Wiener Konzerthaus, der Kölner Philharmonie, der Tonhalle Zürich und dem Auditorio Nacional de Música in Madrid. Ein Dirigat nach dem anderen wäre ohnehin nicht machbar – irgendwann muss man auch mal durchatmen, Pause machen und Neues lernen.
Wie bereitest du dich auf ein Dirigat vor?
Das ist eine große Herausforderung und es gibt keine universelle Methode, die für immer gilt. Die Vorbereitung hängt von vielen Faktoren ab: dem Werk selbst, der Epoche, der Größe des Orchesters – und vor allem davon, was das Orchester braucht. Geht es mehr um Organisation, um Inspiration, um technische Fragen? Vor einem Debüt kann man das oft nur bedingt wissen. Letztlich heißt es: so oft wie möglich in die Partitur eintauchen, blättern, analysieren. Ich höre mir auch Referenzeinspielungen an, lasse mich inspirieren, und entwickle auf diesem Wege meine eigene Interpretation.
Was geht dir durch den Kopf, wenn du an unsere Eröffnungsmatinee im Konzerthaus Dortmund denkst?
Da bekomme ich leuchtende Augen – ein Festkonzert und dazu Mozart pur! Das erlebt man nicht oft. Es ist selten, ein Programm zu haben, das ausschließlich Mozart gewidmet ist – und dann noch in all seinen Facetten: Oper, Sinfonie, Oratorium. Und natürlich kehre ich sehr gerne in das herrliche Konzerthaus Dortmund zurück!
Wir bekommen auch leuchtende Augen und sind so dankbar, dass du am Pult unserer feierlichen Eröffnung stehen wirst. Vielen Dank!
Das Interview führte Karen Ann Bode.